Nüchtern präsentierte Uwe Speit zu Beginn seines Vortrags die nackten Zahlen, was eine Fusion finanziell bringen würde. Zusammengefasst würde eine fusionierte Kommune in den ersten 5 Jahren jedes Jahr 1,5 Millionen Euro mehr erhalten, als wenn die beiden Kommunen getrennt blieben. Die Summe setzt sich dabei aus Mehreinnahmen durch den kommunalen Finanzausgleich des Landes, wie auch durch diverse Einsparungen zusammen. So braucht beispielsweise eine fusionierte Kommune nur noch eine*n Bürgermeister*in zu bezahlen.
Im Umkehrschluss bedeutet ein Ausbleiben der Fusion einen finanziellen Verlust. Nicht nur aufgrund des Wegfalls von Mehreinnahmen, sondern auch durch die Verringerung der Leistungen durch den kommunalen Finanzausgleich. In absehbarer Zeit sinkt Bad Lauterberg unter die 10 000 Einwohner Marke, was mit entsprechenden Kürzungen der Leistungen einhergehen würde. „Das würde dann mit einer saftigen Steuererhöhung für die Bürger*innen einhergehen“, erklärt Uwe Speit.
Dagegen hätte eine Fusion einen weiteren positiven Effekt, der vielen nicht bewusst ist: Die Verwaltung kann sich vergrößern. Eine neue Verwaltung einer großen Gemeinde kann mehr Personal erhalten als bloß die Summe beider Verwaltungen. „Die Arbeitsabläufe und die Vertretungssituation würden sich sichtbar verbessern“, erklärt Dr. Thomas Gans, der inzwischen das Rednerpult übernommen hat „denn es ist doch ein offenes Geheimnis, dass viele Verwaltungsvorgänge jetzt schon länger brauchen, weil das Personal an der absoluten Belastungsgrenze arbeitet.“
Eine Alternative zu einer Fusion von zwei Gemeinden sehen manche in der sog. Interkommunalen Zusammenarbeit. Dabei übersehen allerdings viele bewusst oder unbewusst, dass eine derartige Zusammenarbeit ab kommenden Jahr um 19 % verteuert wird, da sämtliche Leistungen den Mehrwertsteueraufschlag erhalten. In ein Beispiel übersetzt: Hilft der Bauhof der Gemeinde Walkenried dem Bauhof von Bad Lauterberg bei einer Maßnahme durch die Personalkosten in Höhe von 1000 Euro anfallen, muss Walkenried Bad Lauterberg 1190 Euro in Rechnung stellen. „Eine wirkliche Alternative ist das eher nicht, außer man will das Geld der Bürger für nichts verfeuern“, befindet Gans.
Aus Sicht der SPD Ratsfraktion Bad Lauterberg sind die Vorteile einer Fusion als mehr als deutlich. Allerdings gibt es natürlich auch Befürchtungen. Ein Verlust eines Identitätsgefühls wird dabei häufig in den Raum geworden. Dem kann aber leicht entgegengehalten werden, dass sich Barbis, Bartolfelde und Osterhagen seit 1972 problemlos ihre eigene Identität erhalten haben. Sie gehören zwar formal zu Bad Lauterberg aber „da käme doch niemand auf die Idee sich, als Lauterberger zu bezeichnen oder zu fühlen. Und das ist doch auch schön und richtig so“, betont Gans und ergänzt: „Auch die Bürger in Zorge und Wieda fühlten sich nicht plötzlich als Walkenrieder, nur weil man eine Einheitsgemeinde geworden war.“
Derzeit wird auch viel über Straßenausbaubeiträge diskutiert, die zum Ziel haben Anlieger*innen an Straßensanierung zu beteiligen. Das mündet heutzutage durch die enorme Verteuerungsrate im Straßenbau aber in Summen, die viele Bürger*innen nicht mehr tragen können. Walkenried hat hier daher seine Satzung abgeschafft, weshalb nun die Angst besteht, durch eine Fusion käme eine solche Satzung quasi durch die Hintertür wieder rein. „Das wird nicht passieren. Bad Lauterberg hat noch eine Satzung, die aber seit 10 Jahren bewusst nicht mehr angewendet wird“, beteuert Gans „es bietet sich aber geradezu an, die Fusionsrendite für den Straßenbau zu nutzen. Mit 1,5 Millionen pro Jahr kann man die ein oder andere Straße machen!“ „Die SPD Bad Lauterberg und die zugehörige Ratsfraktion ist ebenfalls gegen Straßenausbaubeiträge und wird sich für die Abschaffung einsetzen“, ergänzt Uwe Speit.
Eine ebenfalls in Walkenried viel geäußerte Befürchtung ist die Umbenennung von Straßen, die durch eine Fusion nötig werden könnte. Allerdings hält dem Thomas Gans entgehen: „anders als die Post es oft andeutet, ist die Angleichung von Postleitzahlen freiwillig. Dazu gibt es kein Gesetz! Dass die Postleitzahlen in Walkenried bei der Fusion angeglichen wurden, wäre gar nicht notwendig gewesen und daher wird man sowas bei einer Fusion mit Walkenried schlicht nicht erneut tun.“
Ebenso ändere sich an den Ortsschildern wenig. Der Ortsnahme bliebe in großer Schrift das erste, was auf dem Schild stehe, gefolgt von einem kleineren Schriftzug mit Stadt Bad Lauterberg und dem abschließenden schon jetzt vorhandenem Hinweis auf den Landkreis Göttingen. „An der Erkennbarkeit der Orte ändert sich also gar nichts. Bei Google Maps und in Navis wird man weiterhin problemlos Walkenried finden und ansteuern können“, erklärt Gans die Situation nach einer Fusion.
In abschließenden Worten hebt der Bürgermeister von Bad Lauterberg noch einmal hervor, dass man natürlich nicht aus einer Laune heraus eine Fusion anstrebt: „Kernproblem ist, dass wir immer weniger werden. Demografischer Wandel und Wegzüge fordern nun mal ihren Tribut. Doch das ist kein Naturgesetz. Eine für Bürger und Unternehmen attraktive Stadt kann einen solchen Trend auch stoppen oder gar umkehren. Das fällt aber nicht vom Himmel. Man muss dafür was tun und klug investieren. Und eine fusionierte Gemeinde hat hier sehr viel mehr Möglichkeiten, als zwei Einzelkämpfer“, beendet Dr. Thomas Gans den Vortrag.